Akte der Insassin S-138

Die Wirtin
von Walworth

NAME
Matilda
GEBOREN
07. September 1766
HERKUNFT
Schottland
VERBRECHEN
Mord durch Vergiften
STRAFE
Tod durch den Strang
Tatwaffe der Wirtin - Giftampulle
Hintergründe

Matildas Geschichte

Aufgewachsen in den schottischen Highlands, war Matilda an die Einsamkeit gewöhnt. Sie liebte es, in den sumpfigen Ländereien der MacScouts der Enge des Alltags zu entfliehen. Die MacScouts waren die Familie für die Ihre Eltern arbeiteten – ihre Mutter kochte und putzte, ihr Vater stach Torf. Matilda hasste sie alle, die MacScouts und auch ihre Eltern. Die MacScouts waren eingebildet, hielten sich für etwas Besseres und behandelten sie und ihre Familie wie Menschen zweiter Klasse. Noch mehr jedoch widerten ihre Eltern sie an. Sie ließen sich einfach alles gefallen und bläuten ihr gleichzeitig immer wieder ein, Respekt und Dankbarkeit zu zeigen. Glücklich war sie nur an zwei Orten: in den Wiesen der Highlands zwischen all den unterschiedlich duftenden Heidekräutern und in der Küche, wo der Geruch gestoßenen Pfeffers und geriebener Muskatnuss die Luft erfüllten, oder die scharfe Süße einer frischen Zwiebel ihr die Tränen in die Augen trieb und der Geschmack von leicht verkohltem Lammfleisch auf ihrer Zunge hing. Oftmals reichte dies schon aus, um sie alles um sich herum vergessen zu lassen.

Wäre da nicht Adair gewesen, der jüngste Sohn der MacScouts. Er war sechs Jahre älter und zwei Köpfe größer als Matilda, aber dumm wie ein alter Ziegenbock. Als Sprössling der Familie konnte er sich einfach alles erlauben und das wusste Adair nur zu gut. Er hatte eine diabolische Art, jedes Lebewesen zu quälen das ihm in den Weg kam. Sein Lieblingsopfer: Matilda, er drangsalierte sie wo und wann er nur konnte.

Es war ein leicht verregneter Nachmittag im Mai, an dem Adairs Schikanen wieder einmal besonders schlimm waren. Schon den ganzen Tag ging er ihr auf die Nerven und selbst in der Küche ließ er nicht von ihr ab. Sie merkte wie ihre Wut mit jedem Pfefferkorn, dass er ihr an den Kopf schmiss, immer weiter anstieg. Zu Adairs Unmut schaffte es Matilda jedoch, ihren Zorn zu unterdrücken. Als er ihr allerdings eine tote Maus an den Rücken klatschte, riss Matilda der Geduldsfaden und sie warf einen großen schweren Löffel nach ihm. Der Löffel traf Adair an der Nase und fiel mit einem hässlichen Scheppern auf den Boden. Kurz nachdem das Klirren des Löffels verhallt war, verwandelte sich der Schreck in Adairs Gesicht in Hass. Matilda ballte ihre Fäuste und bereitete sich auf eine schmerzhafte Auseinandersetzung vor. Doch entgegen ihrer Erwartung, ging er nicht auf sie los, sondern rannte aus der Küche. Würde er sie verpetzen? Wenn ja, konnte sie sich auf eine noch nie dagewesene Tracht Prügel gefasst machen. Matilda eilte ihm nach.

Sie suchte das Haupthaus und die Nebengebäude ab. Die letzte Möglichkeit war die Scheune. Vorsichtig öffnete sie die Tür und lugte hinein. Adair saß auf dem Boden und riss mit seiner rechten Hand an einem unkenntlich dunklen Etwas herum. Behutsam machte sie noch einen Schritt weiter in das Innere der Scheune. Noch immer konnte sie nicht erkennen, was vor ihm auf dem Boden lag.

Langsam drehte er sich zu ihr um und sah sie mit dem gleichen hasserfüllten Blick an. Erst jetzt sah sie, dass seine Hände voller Blut waren. Mit seiner rechten Hand umklammerte er krampfhaft eines der Küchenmesser. In diesem Augenblick erkannte sie auch, was auf dem Boden lag: es war ihre dunkelbraune Katze Elisha. Ihr Bauch war von oben bis unten aufgeschlitzt und der Magen hing weit aus der klaffenden Wunde heraus. Ihr Blick wanderte Richtung Kopf, aber da war nichts mehr! Wo sie zuvor das zutrauliche Gesicht ihrer Katze anblickte, war lediglich eine riesige Blutlache zu sehen. Entsetzt starrte sie Adair an. Er sprang in einem Satz auf sie zu, drückte sie zu Boden und hielt ihr das Messer an die Kehle. Gleichzeitig rieb er ihr mit der anderen Hand den abgetrennten Kopf ihrer Katze ins Gesicht und grölte schauerlich. Matilda spürte, wie das noch warme Blut aus dem Schädel ihre Backen heruntertropfte und er mit dem Mund näher an ihr Ohr kam. Voller Hass keuchte er: „Du bist die Nächste!“. Mit einem lauten Glucksen ließ er von ihr ab. Matilda rannte um ihr Leben.

Das Blut klebte noch an ihrer Backe als sie ihren Eltern aufgelöst erzählte, was geschehen war. Doch die wollten davon nichts wissen. Stattdessen drohten sie ihr mit Schlägen, sollte sie darüber auch nur ein Sterbenswörtchen gegenüber den MacScouts verlieren. Da stand sie nun: vor Eltern, denen sie egal zu sein schien, das Gesicht voll mit dem Blut ihrer Katze und der Drohung, dass sie die nächste sein würde, deren Gedärme am Scheunenboden klebten.

Doch die Verzweiflung währte nicht lange. Eine ungewohnte Entschlossenheit erfasste Matilda. Nie wieder würde sie sich von irgendjemandem etwas gefallen lassen! Sie rannte aus dem Haus in Richtung der Wiesen, wo sie nicht lange suchen musste, um zu finden, was sie brauchte – Blauer Eisenhut. Wenn ein Ratschlag ihrer Mutter nützlich gewesen war, dann der, dass diese schöne, jedoch hochgiftige lila Pflanze niemals geschluckt werden dürfe.

Sie schnitt ein paar Stängel der Pflanze ab und eilte in die Küche, wo ihre Mutter schon das Abendessen für die MacScouts zubereitete. Vorsichtig und ohne, dass ihre Mutter etwas davon mitbekam, zerkleinerte sie den Eisenhut und rührte ihn unter das Essen in den Suppentopf. Einen kurzen Augenblick hatte sie Angst, ihre Mutter hätte etwas mitbekommen, doch die schnauzte sie nur an beiseite zu gehen, als sie mit den Tellern in der Hand die Küche verließ.

Adair und die gesamte Familie MacScout krepierte noch in derselben Nacht jämmerlich an dem Gift des Blauen Eisenhuts. Die selbe Nacht, in der auch Matilda verschwand und auf eigene Faust Richtung England aufbrach. Ob ihre Eltern von der Suppe gegessen haben? Matilda wusste es nicht, aber das war ihr auch egal.

Wanted

The tortured women